23.5.06

Lehrertag

Vielleicht erinnert sich der ein oder andere mitlesende Ossi noch an den Lehrertag, den es zu DDR-Zeiten gab und an dem die Lehrerinnen immer mit einem glückseligen Lächeln und einem Eimer voller Blumen nach Hause gingen, weil die Schüler an sie gedacht hatten, während die Lehrer mit leeren Händen und etwas verkniffenem Gesicht nach Hause gingen, weil sie nichts bekommen hatten.

Solch einen Ehrentag gibt es auch hier - immer noch. Obwohl dieser Tag nun schon über eine Woche zurückliegt (er war am 23.05.2006), möchte ich einen kleinen Bericht nachreichen, denn die Ereignisse waren zu prägend, als daß ich darüber hinwegsehen könnte. Da ich an diesem Tag zwei Kurse hatte, hatte ich auch zwei grundsätzlich verschiedene Erlebnisse.

Kurs 1-1: Eine etwas schüchterne, aber umso liebenswürdigere Anfängergruppe. Als ich den Raum betrat, stand auf meinem Tisch ein Fläschchen Ananassaft. Auf meine Nachfrage (Von wem? Warum? Wieso?) erhielt ich die kleinlaute Antwort: "Teacher's Day". Als ich artig "Dankeschön" sagte, ging das Getuschel los und überall auf den Gesichtern sah ich ein breites Grinsen. Keine weiteren Vorkommnisse.

Kurs 3-1: Die Gruppe mit dem höchsten Humor-Faktor. Ich fürchte schon jetzt, da sich das Sommersemester allmählich dem Ende nähert, daß ich so eine lustige Truppe nicht mehr so schnell zusammenbekommen werde. Hier wird über den kleinsten Witz, den ich im Unterricht reiße, lang und ausgiebig gelacht. Teilweise geht das soweit, daß ich manchmal denke: 'Also wenn du dieses und jenes sagst, verlierst du wieder eine halbe Stunde Unterrichtszeit, weil die halbe Klasse vor Lachen unterm Tisch liegt. Sag's lieber nicht!' Humorzensur mal andersrum: Man läßt die Witze sein, aus Angst, daß ein Student den Unterrichtsraum nicht lebend verläßt. Dabei komm ich mir selber nicht mal komisch vor. Ich klopf halt so Sprüche und schon geht das Gegacker los...

Als ich den Raum betreten wollte, wurde von innen die Tür zugehalten und "Moment bitte" gerufen. Da ich durch den Anfängerkurs bereits wußte, daß "Teacher's Day" ist, harrte ich brav der Dinge aus, die da kommen würden. Dann öffnete sich die Tür. Der Raum war mit schwarzen Vorhängen abgedunkelt worden. Auf meinem Tisch stand eine Torte mit Kerzen. Eine Torte mit Kerzen! Eine Torte mit Kerzen!!! Und Tomaten!!!!! Mich traf der Schlag.

Als ich wieder zu mir kam, fingen die Studenten an zu singen. Zu singen! Wat nu? Blöd rumstehen? Was macht man als steifer Deutscher angesichts von soviel Heiter- und Herzlichkeit? Zum Glück reichte mir jemand ein Papphütchen, was ich ohne großes Nachdenken automatisch auf den Kopf setzte und - knipsknipsknips - wurden gleich mal ein paar Fotos gemacht. (Diese Bilder zeige ich euch nicht, die anderen seht ihr unten.)

Damit war die Stunde gelaufen. Als ich ein bißchen verlegen vor der Torte saß und die Kerzen auspustete, sagte ich in einem Moment der Schwäche wohl so etwas wie: "Na, wir machen heute wohl besser keinen Unterricht, hm?..." Im einsetzenden Freudengeheul (ich lüge nicht!) mußte ich meine Ohren zu halten, um nicht auf der Stelle taub zu werden.

Es wurde dann noch eine sehr lustige Stunde. Inklusive Foto-Session.

Deutschlehrer, vollkommen aus dem Häuschen.


Rasselbande, vollkommen außer Kontrolle.

4 Comments:

At 26/5/06 14:00, Anonymous Anonym said...

I didn't know they had Teacher's Day in East Germany before the unification. (Why only in East Germany? Does it have to do with the socialism?) How did you celebrate the day? I always wondered which countries in the world celebrate Teacher's Day except Korea. (So far as I know, China and Singapore do, and probably some other Asian countries too. But I've never heard about Western countries...)

 
At 26/5/06 23:17, Blogger sca said...

Ich war noch zu jung, um die Zusammenhänge zu begreifen, aber: Ja, es hatte mit dem Sozialismus in der DDR zu tun. Auch andere Berufsgruppen hatten ihre Feiertage. Eine Liste mit den Ehren- und Gedenktagen gibt es hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Feiertage_der_DDR

Am Lehrertag gab es meistens Blumen für die Lehrerinnen - und oft auch nur in der Grundstufe. Die älteren Schüler empfanden diesen Ehrentag als Anbiederung an die Lehrer(neudeutsch: Arschkriecherei) und verzichteten auf Geschenke. Das Lehrerkollektiv feierte auch immer ausgiebig nachmittags, aber das weiß ich nur vom Hörensagen.

Eine Analyse, wo und wie der Lehrertag international gefeiert wird, wäre bestimmt sehr interessant. Ich weiß auch, daß der Lehrertag in Rußland und auch in Litauen (sowie in vielen anderen der ehemaligen Sowjetrepubliken) immer noch begangen wird. Mit Blumen. Die schönste Sprache der Welt, wie es ein Werbeslogan in Deutschland ganz treffend ausdrückt.

 
At 3/6/06 19:11, Anonymous Anonym said...

Im vereinten Deutschland fällt dieser Tag der Anerkennung der Arbeit des Lehrers ganz weg. Im Gegenteil: Man muss froh sein, dass man als solcher noch arbeiten darf und auch noch Geld dafür bekommt!!! In gesellschaftlichen Kreisen traut man sich gar nicht mehr zu erwähnen, dass man diesen Beruf ausübt, weil man Gefahr läuft als faul und ständig nur Ferien habend bezeichnet zu werden.
Sollten man doch kleine Aufmerksamkeiten von den Kindern und einigen dankbaren Eltern an diesem Tag überreicht bekommen, muss man dann mit diesen vor seinem Schullieter strammstehen um nich in den Verdacht der Bestechlichkeit zu geraten - vor allem bei Kindern der 1.Klasse, die noch nicht einmal Zensuren bekommen.

A.+P.

 
At 4/6/06 00:17, Blogger sca said...

A.+P. - Richtig. Ich bin sehr dafür, die Arbeit der Lehrer in Deutschland stärker anzuerkennen. Warum nicht mit einem Feiertag? Gerade in Zeiten der vielbeschworenen Integrationspolitik und dem problematischen Schüler-Lehrer-Verhältnis (gerade gelesen, daß ein Schüler in Berlin eine Lehrerin zusammenschlug) ist es notwendig, die Arbeit dieses Berufsstands in den Vordergrund zu stellen.

 

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