3.5.08

Snack dir einen

Beim heutigen Spaziergang durch den Seoul Grand Park tobte der übliche Wochenendverkehr herum: eng umschlungene Pärchen, laute Familien mit winkenden und "Hi"-sagenden Kindern, knipsende Schülerinnen-Gruppen, nordic-walkende Großmütterchen mit tief ins Gesicht gezogenem Sonnenschutz. Das ist das Seoul des 21. Jahrhunderts.

Aber was knabbert der moderne koreanische Großstädter unterwegs bei seinem samstäglichen Ausflug? Winzige Schneckenhäuschen, aus denen er das Innere heraus zutscht, klebrige Reiskuchen in faustgroßen Abpackungen, gedünstete Maiskolben, penetrant riechende mehlig-schmeckende Seidenraupenlarven.

Die Wahrheit ist, dass die Koreaner sich im Grunde bis heute nicht vom Leben auf dem Land getrennt haben. Deswegen ist Seoul eigentlich keine Weltstadt, sondern nur ein zu groß geratenes Dorf. Traditionelle Essgewohnheiten wurden durch das über uns gekommene Zeitalter der Burger, Fritten, Eis und Cola nicht so einfach über Bord geworfen. Meiner Meinung nach ist Korea eigentlich kulinarisch gar nicht globalisiert, sondern hat einfach das ländliche Leben der Kinder- und Jugendzeit mit in die Metropole genommen und fest ins Stadtbild integriert. Überall gibt es Straßenstände, an denen gekocht, gebrutzelt und frittiert wird, so dass man den speziellen Essensgeruch auch einige Ecken weiter immer noch in der Nase hat. Viele der Erwachsenen sind keine gebürtigen Seouler und hängen teilweise noch recht fest an den Spezialitäten ihrer Heimatregion. Anders kann man sich den anhaltenden Erfolg der zigtausenden Fressbuden nicht erklären.

Koreaner lieben das Essen. Es muss scharf und dar nicht zu salzig sein. Sie sind experimentierfreudig, aber auch offenherzig, wenn ihnen etwas nicht schmeckt.

Anders als in Deutschland, wo durch die Einwanderungswellen der Gastarbeiter der fünfziger und sechziger Jahren auch eine andere Esskultur (Pizza, Döner, Moussaka, etc. pp.) mitgebracht wurde, ist Korea von derlei Einflüssen "verschont" geblieben. Anfangs ist es vielleicht witzig, wenn man bei einem koreanischen "Italiener" zur Pizza saure Gurken als Beilage dazu bekommt und sich Parmesan aus Plastikdosen (!) über die Pizza streuen kann. Oder um es positiver auszudrücken: Evolution hört auch beim Essen nicht auf und möglicherweise setzen sich solche "Trends" ja weltweit durch.

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