13.11.08

Neues von der Herrenrasse

Bei den beiden Fahrstühle in unserem Bürogebäude werden sehr häufig nur die "Kurzstrecken", also von der 1. in die 3. Etage oder von der 2. in die 4. Etage, benutzt. Eigentlich sollte das kein Problem sein, denn wozu sind Fahrstühle sonst da? Um Personen von Punkt A nach Punkt B zu befördern. Für einige Kollegen scheint das dennoch ein Diskussionsgegenstand zu sein und sie lassen ihre schlechte Laune an anderen aus.

Heute morgen spielte sich folgende Szene im Fahrstuhl ab:

In der 1. Etage stieg eine größere Gruppe ein, darunter eine koreanische Studentin, die in die 3. Etage wollte. In der 2. Etage stieg ein amerikanischer weißer Englischlehrer ein, der auf die "7" drückte. Dabei fiel sein Blick auf die gedrückte "3" und er fragte die Koreanerin geheuchelt freundlich, warum sie den Fahrstuhl benutzen würde. Ich dachte zuerst, die beiden kennen sich und er macht einen Spaß mit ihr. Die junge Frau war ziemlich perplex und wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Der Englischlehrer fragte nach, ob sie beim nächsten Mal nicht besser die Treppe nehmen könne, denn sie würde nur die anderen Leute aufhalten, die weiter nach oben fahren würden und wegen ihr warten müssten. Ein anderer Englischlehrer, ein weißer Kanadier, mischte sich an dieser Stelle ein und meinte "Time to shut up" (Zeit, die Klappe zu halten). Er sagte es halb entschuldigend in Richtung der Koreanerin, meinte aber seinen amerikanischen Kollegen. Die junge Frau lachte verlegen und stieg in der 3. Etage schnell aus.

Die ganze Auseinandersetzung dauerte nicht länger als eine halbe Minute, aber mir schlug dieses Verhalten so auf den Magen, dass ich diese Episode unbedingt aufschreiben musste.

Nun stelle ich mir den umgekehrten Fall vor: Ein Koreanischlehrer arbeitet an einer amerikanischen Universität und weist einen amerikanischen weißen Studenten im Fahrstuhl so zurecht, weil dieser nur die "Kurzstrecke" fährt. Der Koreaner wäre binnen weniger Stunden seinen Job los.

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