24.1.09

Ein gestohlener Laptop

In den frühen Abendstunden stand ich heute am Kopierer unseres Computerraums, als plötzlich ein Englischlehrer hereinstürmte und zu einigen Kollegen etwas sagte. Ich verstand erst nicht genau, was los war. Der Englischlehrer verschwand wieder. Ein Kollege fragte mich, ob ich irgendeiner unbekannten Person auf dem Büroflur begegnet sei. Ich verneinte und fragte verwirrt nach dem Grund dafür. Ich bekam als Antwort zu hören: Der Kollege sei gerade im Unterricht gewesen und als er sein Büro eben betreten hätte, hätte sein Laptop gefehlt. Er hatte dummerweise vergessen, seine Bürotür abzuschließen.

Nun sind meine Kollegen zum größten Teil Kanadier, wo es anscheinend gang und gäbe ist, dass man seine Türen nicht abschließt. (Ich verweise hier nur auf die hübsche Filmszene aus "Bowling for Columbine" als der Regisseur Michael Moore in einer kanadischen Kleinstadt einfach in wildfremde Häuser im wahrsten Sinne des Wortes offene Türen einrennt und erstaunt feststellt, wie wenig die Kanadier auf ihre Sicherheit bedacht sind.) Bislang schätzte ich die Koreaner auch als ein sehr ehrliches und vertrauenerweckendes Völkchen unter der Sonne ein. Und ich will auch nicht unterstellen, dass ein Koreaner den Laptop gestohlen hat, denn es schwirren so viele Leute aus allen möglichen Ländern auf unserer Lehrer-Etage herum, dass man da schnell den Überblick verliert.

Ich will nur eine Geschichte zum Besten geben, die mir vor zwei Jahren in der Vorweihnachtszeit in meinem Büro hier an der KU passiert ist. Es war ein später Winterabend. Ich stand in meinem Büro mit einem koreanischen Kollegen ins Gespräch vertieft da, als plötzlich fast lautlos die Tür aufging und ein Mann undefinierbaren Alters leise eintrat. Kein Klopfen, kein Hallo, kein Wort der Entschuldigung. Er sah ärmlich gekleidet aus. Bevor wir ihn ansprechen konnten, ging er schnurstracks zu unserem großen Tisch in der Mitte des Raumes, auf dem eine Schale mit Äpfeln, Orangen und Süßigkeiten stand. Seelenruhig nahm er sich einen Apfel, verbeugte sich kurz und ging wieder hinaus. Er verhielt sich geradewegs so, als wäre es das Normalste auf der Welt, in ein fremdes Zimmer zu gehen, sich zu bedienen und wieder zu verschwinden. Ich sah meinen Kollegen an, sprachlos, fassungslos. Er sah mich ebenso verwundert an. Als wir die Tür zum Flur aufmachten, um nachzusehen, wohin der Mann gegangen war, sahen wir - nichts! Der Typ war wie vom Erdboden verschluckt.

Ein bisschen unheimlich, oder?

Seit diesem Tag schließe ich immer meine Bürotür ab, auch wenn ich nur mal aufs Klo muss oder nur mal eben schnell eine Kopie brauche. Es klingt vielleicht ein bisschen überheblich, aber nur aus Schaden wird man klug. Ich jedenfalls hatte vor zwei Jahren meine Lektion gelernt.

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