30.11.07

Jetzt lächeln sie wieder

Wahlkampf in Korea ist wie das Schaulaufen von Männern, die es aufgrund ihres Alters nicht mehr in die Casting-Shows des Fernsehens schaffen.

Ich stand auf dem Weg zum Supermarkt meines Vertrauens händchenhaltend mit meiner Chef-Einkäuferin am Straßenrand vor diesem Fotobanner und wir diskutierten die Erfolgsaussichten der abgebildeten Bewerber um das Amt des Präsidenten, in dem wir nur die Qualität der Bildbearbeitung und das obligatorische Siegerlächeln der Kandidaten als alles entscheidenden Maßstab für den Wahlsieg in Betracht zogen.

Eine schöne Zusammenfassung, was sonst noch so während des Wahlkampfs passiert, gibt es bei seoulmate.

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Original und Fälschung

Als ich vor einigen Tagen dieses Bild in der Nähe des Seoul History Museums aufnahm

dachte ich sofort an die Skulptur vor dem Frankfurter Messeturm und malte mir auf Vorrat schon einige böse Schlagzeilen aus, wie "Kunstklau am Messebau", "Hör mal, wer da hämmert" oder "Korea kopiert komische komplizierte komplexe Körper-Kunst", um dann bei Wikipedia folgendes zu erfahren:
Das Kunstwerk gilt als Symbol für die Arbeit, die Tat und auch als Symbol für die Solidarität mit allen Menschen die arbeiten. Die Skulptur steht in verschiedenen Versionen in einigen Großstädten der Welt.
Nun ist die Wahrheit leider nur halb so lustig.

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Gegenanzeige: Weihnachten kommt jetzt doch nach Korea!

Nachdem schon keiner von denjenigen Ausländern, die das Weihnachtsfest auch wirklich feiern, daran glaubte, ist es nun amtlich: Weihnachten wird ausgepackt und in die Auslagen, Präsentationsflächen und Schaufenster integriert. Beim lokalen Supermarkt meines Vertrauens verkaufen sie künstliche Weihnachtsbäume und Lichterketten.

Beweisfoto:

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Allet Bio, oda wat!?

Beim Einkaufen bin ich erneut auf Produkte gestoßen, die ich hier in Korea am wenigsten erwartet hätte: Bio-Kost aus Deutschland.

Haben grüne Fundis, nachdem Rot-Grün in Deutschland als politisches Modell gescheitert ist, die Exportwirtschaft unterwandert? Ganz und gar nicht. Seit Wochen stehen die Gläser und Flaschen immer an einer anderen Stelle im Regal. Ich weiß nicht, wie viel Rabatt die Handelsgesellschaft dem Supermarkt gewährt hat und damit zierliche zerbrechliche Aufpackhelferinnen, die kaum bis an die fünfte Regalreihe reichen, dauerhaft mit dem Umräumen der Ware beschäftigt. Aber es muss eine Menge Holz gewesen sein, denn normalerweise verschwinden Produkte, die sich nicht verkaufen, sehr schnell aus den Regalen.

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Antifa Seoul

Gründung der Antifa-Ortsgruppe beim lokalen Supermarkt meines Vertrauens letzte Woche Sonnabend.

Mehr Mut zur Hässlichkeit.

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Woran erkennt man, dass das Semester sich dem Ende nähert?

  1. Die Zahl der Studenten in den Kursen ist jetzt wieder fast vollzählig.
  2. Job-Interviews und Arzttermine werden verschoben.
  3. Diejenigen Studenten, die um ihre Noten besonders besorgt sind, versuchen einen Blick in die Anwesenheitslisten zu erhaschen und reichen unaufgefordert auf einen Schlag sämtliche Entschuldigungen für alle Fehltage nach.
  4. Es werden nicht nur pflichtschuldigst die Hausaufgaben gemacht, sondern vereinzelt nach Extra-Aufgaben gefragt, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten.
  5. Müde Gesichter, bei denen selbst die herrlichste Wintersonne nichts mehr auszurichten vermag.
  6. Stoßseufzer bei den Studenten, sobald man das böse P-Wort ausspricht.
  7. Stoßseufzer bei den Dozenten, sobald man die Formulierung "grading" verwendet.
  8. Meine Bürokollegin schmückt aufwändig ihre Tür mit Weihnachtsgirlanden.
Nur einer grüßt: und das bin ich!

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29.11.07

Eine Frage der Ästhetik

Beim Betrachten der Hausaufgaben ("Schreiben und gestalten Sie eine Einladung für eine Party Ihrer Wahl") fiel mir schnell auf, welche Karten von den Studenten und welche von den Studentinnen stammten.

Es muss ein Gen für Ästhetik geben. 90 % der Männer, so selbstkritisch gegenüber meinem eigenen Geschlecht bin ich dann schon, haben dieses Gen definitiv nicht.

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23.11.07

Crayon Physics

Hallo Wochenendspieler,

Weltuntergang draußen (Regen, Blitz, Donner), Gemütlichkeit drinnen. Da kommt so ein kleines kostenloses Spielchen wie "Crayon Physics" genau zum richtigen Zeitpunkt. Man versucht eine Kugel zu einem Sternchen zu bewegen und zeichnet dafür geometrische Figuren wie Rechtecke oder Linien auf ein (virtuelles) Blatt Papier, um die Kugel zum Ziel zu bewegen. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Gesetze der Schwerkraft und der Physik auch hier gelten und die Kugel schneller nach unten plumpst, als einem lieb ist. Ganz simple, aber tolle grafische Umsetzung und schöne Musik unter CC-Lizenz ("Lullaby" von _ghost), die man sich ebenfalls gratis herunterladen kann.

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17.11.07

Mücken in Seoul

Gerade lese ich in meiner Blog-Statistik, dass irgendjemand über den Suchbegriff "mücken in seoul" auf meine Seite gestoßen ist. Dazu lässt sich folgendes sagen: Ja, es gibt die kleinen gemeinen Biester, die ab Juni (selbst hier auf dem Berg in Anam dong) auftauchen. Sie sind langsam, lassen sich leicht erwischen, dennoch gelingt es ihnen, zuzustechen.

Der Stich selbst tut im nächsten Augenblick sehr weh. Der Juckreiz ist für die nächsten Stunden viel größer als der im Vergleich zu mitteleuropäischen Mücken. Oft habe ich halbe Nächte deswegen nicht schlafen können. Dafür aber ist der Schmerz am nächsten Morgen verschwunden. In Deutschland setzt dagegen der Juckreiz nach dem Mückenstich erst später ein und kann noch einige quälende Stunden andauern.

In diesem Jahr waren die Plagegeister ausgesprochen lange aktiv. Noch vor wenigen Tagen (es war draußen nachts schon kalt) hatten wir im Schlafzimmer einige sirrende Tierchen, die sich aber sehr gut verstecken konnten und uns in den Morgenstunden den Schlaf raubten.

Abhilfe dagegen verspricht "Autan", dass wir uns aus Deutschland mitgebracht haben, aber eigentlich für den Einsatz im Freien gedacht ist. Wir nehmen es auch gar nicht. Im September kauften wir uns in einem Supermarkt eine Art "elektrisches Räucherstäbchen", dass zeitweise sogar ganz effektiv und zuverlässig arbeitete.

Man schiebt dazu ein kleines Plättchen (von der Größe einer Tablette für den Geschirrspüler) auf einen winzigen Elektro-Ofen, der die Substanz erhitzt und auflöst. Die freigesetzten Duftstoffe vertreiben dann die Mücken. In der Praxis hat das Gerät zwei Nachteile, denn erstens ist die Substanz nicht ganz geruchlos und eine Wolke Anti-Mücken-Parfüm hängt die ganze Nacht im Schlafzimmer und zweitens ist eine Tablette nach drei Stunden aufgebraucht, so dass man sich dann den Wecker stellen müsste, um aufzustehen und das Gerät neu zu bestücken.

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Internationale Tierstimmen

Ein willkommener Anlass, um in meinem Deutschkurs mit den Anfängern ein bisschen herum zu albern, sind Tiere. Lustige Fotos sind sowieso immer der Renner bei den Studenten, wenn es um Bildbeschreibungen geht. Aber diesmal sollten sie Tierstimmen und -laute erraten und anschließend selbst vormachen, wie man hier in Korea den Wauwau, die Miaumiau, den Kikeriki imitiert. Natürlich lagen die Studenten schon nach den ersten Zehntelsekunden lachend am Boden, als ich die deutschen Tiere akustisch vorstellte. Ziemlich überrascht war ich von dem Ergebnis, denn die Tiere haben auch im internationalen Vergleich eine "andere Sprache".

Eine kurze unvollständige Liste, wie die koreanischen Tiere klingen, will ich hier wiedergeben:
  • wauwau - mongmong
  • miau - yaong
  • kikeriki - gokyo
  • muh - umeeh
  • chrchr - gulgul
Sehr schön ist auch eine Internetseite, auf der Kinder aus den verschiedensten Ländern Tiere nachgeahmt haben. Hier entlag zum Anhören.

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16.11.07

Beweisfoto

For those who know...

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Tage wie dieser

Heute war nicht Freitag, der 13. Aber als ich bei der Post eine Postkarte aufgeben wollte, standen vor mir am Schalter Menschen mit Paketen an. Menschen mit Paketen an koreanischen Postschaltern bedeuten viel Arbeit für die Postbeamten. Ich zog unverrichteter Dinge weiter.

Am Bankautomaten stand ich hinter einem jungen Mann an, der es sich dort irgendwie gemütlich gemacht hatte. Während sich die Schlange neben mir am benachbarten Bankautomaten langsam aber sicher vorwärts bewegte, passierte vor mir gar nichts. Immer wieder schob der Kunde vor mir seine Geldkarte in den Automaten, die aus unerfindlichen Gründen wohl nicht funktionierte, dann wieder sein grünes Bankbuch, kratzte sich am Kopf, führte ein Handygespräch und ging plötzlich weg. Ich trat näher an den Automaten heran und erkannte eine Fehlermeldung auf dem Bildschirm. Geld konnte ich nicht mehr abheben.

Als ich dann weiter hastete, um noch einigermaßen rechtzeitig zu einer Verabredung zu kommen, rempelte mich ein dicker kleiner bebrillter Koreaner von vorne an, der mit abgespreiztem Arm ein Handy in der Hand hielt und dem ich wegen seines eigenwilligen Laufstils leider nicht ausweichen konnte. (Das Wort "Geschwindigkeit" gibt es übrigens im Koreanischen nur für Autofahrer, aber nicht für Fußgänger.)

Ich habe mir geschworen, dass ich ab jetzt nach den Grundsätzen "Knorkators" lebe.


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Das dritte Geschlecht

In Korea, so erfährt der naive Ausländer bei der zweiten Flasche Soju, also genau dann, wenn die Grenzen zwischen erstem Beschnuppern, Vertrauen-Fassen und Anzüglichkeiten zusehends fallen, gibt es drei Geschlechter.

- "Drei Geschlechter?" höre ich mich flüsternd meinen Gesprächspartner fragen.
- "Jaja, Männer, Frauen und dann die 'Ajumas'."

Mit Ajumas sind eigentlich alle verheirateten Koreanerinnen gemeint, wobei dieser Begriff mittlerweile etwas abwertend gebraucht wird, um eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ins Klischeehafte zu verzerren. Bis hierhin war ich noch politisch korrekt.

Ajumas sind laut persönlichen Umfragen und Erlebnissen koreanische Frauen, die das 40. Lebensjahr weit überschritten haben. Man erkennt sie an folgenden Details bzw. Verhalten:
  1. an dem Sonnenschutz (die sogenannte "Entenschnabelmütze"), den sie auf dem Kopf tragen, um sicher vor der Witterung und den Sonnenstrahlen zu sein
  2. an ihrem leicht herausfordernden Geh-Stil, der sich nicht an den Rechts-Links-Fußgänger-Konventionen eines Mitteleuropäers orientiert, sondern über die gesamte Breite eines Bürgersteigs verläuft - gefürchtet ist das rudelweise Auftreten von Ajumas, die den Verkehr entlang ganzer Straßenzüge zum Erliegen bringen können
  3. am Schubsen, Vordrängeln und dem Suchen von Körperkontakt insbesondere an den Türen der U-Bahnen
  4. an der bunten Kleidung, vorzugsweise schreiend-bunte Polyesterblusen kombiniert mit pinkfarbenen Windjacken und geblümten Tüchern oder Schals
  5. an den Pudelfrisuren, die kurz und drahtig vom Kopf abstehen und Volumen vortäuschen, wo doch die einstige Haarpracht längst, ach oh ach, verwelkt ist, übrigens gut auf englisch zusammengefasst in diesem Artikel
  6. an ihrer enormen Stimmkraft und dem einprogrammierten Verhalten, dass alles in der Umgebung lauthals kommentiert, belacht und kommentiert, belacht und kommentiert, belacht und kommentiert werden muss.
Was man als Ausländer bei der Begegnung mit Ajumas tun sollte: unbedingt Fotos von diesen Damen machen! Denn das dritte Geschlecht gibt es nur in Korea.

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15.11.07

Nichts ist unmöööööglich

Ich wollte es gar nicht glauben, was an diesem Tag der landesweiten Aufnahmeprüfungen an den Universitäten für die Abiturienten alles ermöglicht oder verhindert wird, aber...

Heute war es jedenfalls wieder soweit. Die Jugend Koreas strömte geschlossen an die Universitäten, um sich prüfen und schätzen zu lassen, um so ab dem nächsten Frühjahr einen der begehrten Plätze an den zahlreichen Hochschulen des Landes zu bekommen. Sinnigerweise hat man den Tag "D-Day" genannt (so wie damals die Landung der West-Alliierten im besetzten Frankreich während des 2. Weltkriegs), denn heute wie damals geht es um alles: Studium, Job, Karriere, weitere Lebensplanung. Soviel Spaß muss sein, denn zwei bis drei Stunden schriftliche und mündliche Tests können in Korea über das Wohl und Wehe eines ganzen Menschenlebens entscheiden.

Der Termin für dieses Ereignis ist jedes Jahr auf Mitte/Ende November festgelegt. Für einen Deutschen, der ein Zentralabitur nur aus bestimmten Bundesländern kennt und sich bis jetzt nur in Ausnahmefällen (ZVS) für einen Studienplatz bewerben musste, sind die koreanischen Verhältnisse vollkommen fremd.

So wurde mir zugetragen, dass an diesem Prüfungstag vor allem Ruhe zu herrschen habe. Eigentlich geht das im Land der Morgenstille gar nicht: ein Tag ohne Lärm. Aber es gibt tatsächlich gesetzliche Regelungen, die den ungestörten Prüfungsablauf unterstützen sollen. Das geht sogar soweit, dass der Flugverkehr eingeschränkt wird, um die Kandidaten nicht zu stören. Auch Schüler, die bspw. im Verkehrsstau stecken und infolge dessen zu spät zu den Prüfungen kommen, werden von der Polizei schnellstmöglich zu ihrem Prüfungsraum gebracht. Nichts ist unmöööööglich!

In der Mittagspause standen die zukünftigen Heerscharen des intellektuellen Prekariats vor der Mensa Schlange - was im Grunde genommen nur an diesem Tag vorkommt, denn die da standen, wussten noch nicht, wie es in einer Uni-Mensa schmeckt. Zeit, um sich von diesem Elend ab- und dem köstlichen Anblick einer Ladung "Chicken Oven Spaghetti" zuzuwenden.

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11.11.07

Viele Köche verderben das Kimchi

Die Marketing-Abteilung von "NANTA - Cookin' Theatre" hatte solide Arbeit geleistet. Zehn Jahre läuft "NANTA" ohne Unterbrechung und war sogar weltweit auf Tournee in verschiedensten Ländern. Vor einigen Wochen wurde ich wieder aufmerksam auf das Programm und verschenkte eine Karte. Als Begleitperson des Geburtstagskinds, dem ich die Karte für dieses Spektakel (in nicht ganz uneigennütziger Absicht) geschenkt hatte, besuchte ich letzte Woche die Theatervorstellung. Entdeckt hatte ich die Werbung für diese Kochshow schon öfter in den Broschüren und Heften, die an der Touristeninformation ausliegen.

Spontan sollte man allerdings nicht losziehen, um sich das Stück um vier herumalbernde Köche und einen gestrengen Manager anzuschauen, denn besonders die Abend- und Wochenendvorstellungen sind zum Teil weit im voraus ausverkauft. Die Frau, die ich beim telefonischen Kartenservice erreichte, sprach zum Glück englisch und ich kam unkompliziert an meine Karten.

Die Geschichte des Stücks ist schnell erzählt: Drei Köche arbeiten in einer Restaurantküche in schöner Eintracht zusammen bis eines Tages der Manager seinen jungen Neffen mitbringt, der vom Kochen keine Ahnung hat, aber trotzdem eingestellt wird und durch seine Unbeholfenheit das Personal durcheinanderbringt. Hinzu kommt der Auftrag des Managers, der von der Belegschaft verlangt, dass ein Hochzeitsessen innerhalb kürzester Zeit vorzubereiten ist. Nun stehen alle Zeichen auf Sturm. In wahnwitzigem Tempo wird Gemüse geschnippelt, auf Küchenutensilien getrommelt, getanzt, jongliert, dass man als Zuschauer gar nicht bemerkt, wie schnell zwei Stunden vergangen sind. Da die Darsteller kaum sprechen und mehr Wert auf Pantomime gelegt wird, kommt man auch als Sprachunkundiger voll auf seine Kosten, denn man kann sich auf das Geschehen konzentrieren.

Die Show ist kurzweilig, temporeich und bezieht an verschiedenen Stellen auch die Zuschauer mit ein. Uns hat es gefallen, wenn auch die Kartenpreise ziemlich happig waren, die aber für ein Privattheater in Korea anscheinend noch im grünen Bereich lagen. Nachdem der letzte Applaus verklungen war, gingen sofort die Lichter an. Es blieb keine Zeit für eine kurze Zugabe, "standing ovations", aber dafür versammelte sich das Kochteam noch einmal im Foyer des Theaters zum Autogramm- und Fototermin.

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Wandertag im Menschenstrom

Anfang November war wohl die letzte Möglichkeit in diesem Jahr, in den Bergen in der Umgebung von Seoul bei milder Witterung zu wandern. Spätvormittags fuhren wir zum Dobongsan im Nordosten der Stadt und gerieten in das schon bekannte Getümmel der sportiven Hauptstädter, die sich scharenweise hinauf zu den Gipfeln bewegen sollten.


Vorteile des unfreiwilligen Wanderns in der Gruppe:
  • kaum Orientierungsschwierigkeiten, da man nicht verloren gehen kann, wenn vor und hinter einem Dutzende Koreaner auf schmalsten Wanderwegen drängeln und man praktisch in einem Menschenstrom einfach weitergeschoben wird
  • bei Notfällen (kein Handy, Fuß gebrochen, kein Picknick eingepackt, kein Wasser in der Wasserflasche, kein Pflaster, kein Taschentuch) sind gleich ein paar helfende Hände da
Nachteile:
  • keine Ruhe
  • nirgends ein Fleckchen, wo man ungestört nur für sich ist
Auf dem Berg gelten im übrigen andere Gesetze. Wo man unten im Alltagsleben des Stadtkessels häufig ein sehr starres formales Miteinander der Koreaner erlebt (z.B. Verbeugungen beim Begrüßen und Verabschieden bis zum Geht-nicht-mehr), legt man mit dem Betreten der Natur seine antrainierte soziale Persönlichkeit wie ein Gewand ab und schlüpft in das legere Freizeithemd, angefüttert mit vielen lauten neugierigen Fragen und Gesprächen mit wildfremden Menschen, denen man sich nicht vorstellen muss und mit denen man trotzdem sofort per du ist. Allerhand Essen und Getränke ("mit M") werden freundschaftlich geteilt und Beobachtungen über das Wetter angestellt, die unterschiedlichsten Schwierigkeitsgrade der Wanderwege erörtert und über die Vorkommnisse der letzten Wanderungen palavert - ganz so, als würde man sich schon sehr lange kennen.

Ein Wandertag mit Koreanern läuft ungefähr so ab: Man trifft sich schon sehr zeitig an einem der einschlägigen U-Bahn-Bahnhöfe, von denen es dann nicht mehr weit in die Berge ist. In Gruppen, selten unter 4-6 Personen und gut gerüstet mit allerlei Zubehör (Proviant, Decken, Flaschen, Fotoapparaten, Radios) geht es auf zumeist sehr steilen und felsigen Wegen hoch. Oben breiten sich auf einer schönen Felsplatte grüppchenweise die Picknicker aus. Am frühen Nachmittag steigt man bereits wieder ab, um Zeit für das ausgiebige Abendessen im Tal zu haben. Dort, an den Rändern und Ausläufern des Berges haben sich kleine Satellitenstädte herausgebildet, wo sich Restaurant an Restaurant reiht.

Dort lässt man in ungezwungener Atmosphäre den Wandertag bei reichlich Alkohol, Fleisch, Fisch und Salat ausklingen und quetscht sich mit tausenden anderen Rückkehrern beim Heimweg in die U-Bahnen, die die Wanderer wieder nach Seoul schaffen.

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3.11.07

Essen wie Gott in Itaewon

Ich hätte nie gedacht, dass ich je einen lobenden Eintrag über Itaewon, das Sündenbabel Seouls, schreiben werde, aber man soll ja niemals nie denken.

Vor einigen Wochen hatte ich die Ehre, ein Geburtstagskind dorthin abends ausführen zu dürfen. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns für das "La Plancha" in Itaewon. Monatelang hatten wir uns einseitig auf koreanischer Kimchi-Ramyon-Bulgogi-Grundlage ernährt und nun gelüstete es uns nach einer kräftigen Portion lukullischen Heimwehs, nach Europa!

Selten findet man ein authentisches ausländisches Restaurant jenseits der Bezirksgrenzen von Itaewon. Sicher, es gibt unzählige "Outback"-Steakhäuser und neuerdings in Anam dong viele neu eröffnete italienische Restaurants, aber das ist bestenfalls ein Abklatsch der westeuropäischen Küche. Wer der Originalküche am nächsten kommen will, muss wohl oder übel nach Itaewon.

Das "La Plancha" liegt etwas versteckt in einer der hinteren Seitenstraßen, aber dennoch in der Nähe der U-Bahn-Station. Wir haben nicht lange suchen müssen. Klein und gemütlich lag das Restaurant in einer ganzen dichtgedrängten Ansammlung ausländischer Restaurants. Wir hatten Mühe, einen Tisch zu bekommen. An einigen Tischen saßen Koreaner und Spanier in eine seltsame Unterhaltung aus Spanisch, Koreanisch und Englisch vertieft. Trotzdem verstanden sie sich.

Auf einem roten Sofa nahmen wir Platz. Die Inneneinrichtung wirkte solide, ein bisschen düster, da jedoch Herbst war, passte das alles irgendwie ganz gut.

Was gab's zu futtern? Mexikanischen Salat, Kartoffelcremesuppe, Rindfleischspieße und zum Nachtisch Mousse au chocolat. Dazu deutschen Weißwein und spanischen Rotwein.

Die Portionen waren von der Menge gut, geschmacklich lag das Essen über dem Durchschnitt. Unser Blick fiel auf die offene Küche, in der man den Köchen bei der Arbeit zusehen konnte. So gab es allerhand zu beobachten und zu erzählen. Die Zeit verging wie im Fluge. Wenn die Preise nicht so hoch wären, könnte man ruhig öfter im "La Plancha" speisen, diesem lauschigen Plätzchen fernab von jeglicher Kimchi-Seligkeit.

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Kunststückchen

Normalerweise habe ich immer meine Knipse in der Tasche, aber ausgerechnet heute lag sie zu Hause. Folgende Situation kann ich leider nicht mit einem Foto garnieren, sondern nur nacherzählen: Zwei junge Männer fuhren auf einem Motorrad einen steilen Berghang hinunter. Der Vordere gab ordentlich Gas und lenkte in großen Schwüngen die Serpentinen entlang. Der Hintere hielt rechts und links in seinen Händen jeweils einen Plastik-Kaffeebecher und glich mit seinem Körper die Schlenker des Fahrers aus. Natürlich trug keiner der beiden einen Sturzhelm.

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